Auch Superhelden sind nicht ohne Zweifel, Sorgen und Fehler. Dies konnte die Klasse 6a bei der Vorführung des Stückes „Prometheus – Burning down the house“, einer Inszenierung des Jungen Nationaltheaters Mannheim, in der Alten Feuerwache erleben.
Am Anfang des Schuljahres hatten die Schülerinnen und Schüler in der Unterrichtseinheit Sagen über den griechischen Mythos des Titanen Prometheus gelesen, der die Menschen aus Ton erschuf und ihnen – gegen den ausgesprochenen Willen des Göttervaters Zeus – das Feuer schenkte, welches er zuvor den Göttern gestohlen hatte. Dafür wurden sowohl er als auch seine Geschöpfe bestraft: Der Titan wurde an einen Felsen gekettet, wo er täglich von einem Adler attackiert und seiner Leber beraubt wurde. Den Menschen jedoch wurde von der wunderschönen Pandora eine geheimnisvolle Büchse überreicht, die sie in Erwartung eines Geschenks der Götter öffneten und damit alles Übel, das seitdem über die Welt gekommen ist, befreiten.
Schon bevor sich die Türen zum Theaterraum öffneten, herrschte Verwirrung: Konnte es wirklich sein, dass die Sage des Prometheus nur von einem Schauspieler dargestellt werden würde?
Die Inszenierung konzentrierte sich tatsächlich gänzlich auf einen ruhelosen Titanen, der in Jogginghose, Turnschuhen und Sportjacke seine Verbundenheit mit seinen Geschöpfen, dem Publikum, ausdrückte und zwischen Himmel und Erde hin- und hergerissen schien.
In eindrücklichen Monologen schilderte Prometheus, wie er bei der Erschaffung des Menschen an alles, was man zum Leben braucht, gedacht habe und dass er mit der Gabe des Feuers seinen Geschöpfen Schutz, Wärme und Licht habe bringen wollen. Dass der Mensch das Feuer aber auch als zerstörerische Waffe gebrauchen würde, damit habe Prometheus nicht gerechnet. So rechtfertigte er sich häufig auch „nach oben“ gegenüber Zeus, wobei die Verbindung zwischen dem Olymp und der irdischen Welt durch mehrere von oben angestrahlte Stahlketten symbolisiert wurde, die in der Mitte der Bühne herabhingen. Das restliche Bühnenbild bestand aus zylindrischen schwarzen Tonnen verschiedener Größen, die Prometheus unermüdlich umstellte und neu anordnete, um wieder Harmonie und Ordnung auf Erden, aber auch zwischen den Göttern und den Menschen herzustellen. Diese Tonnen bildeten jedoch auch die Kulisse für einen Parcours, der dem Darsteller viel abverlangte und die gesamte Aufführung dominierte: So bemühte sich Prometheus über die ganze Vorstellung hinweg, durch die Tonnen dargestellte Hindernisse, Höhen und Distanzen zu überwinden und eine Antwort auf die Frage zu bekommen, wessen Schuld es sei, dass sich die Menschen seit ihrer Erschaffung und der Gabe des Feuers nicht nach dem Plan der Götter verhalten, sondern ihre eigenen Wege gehen. Diese Schuldfrage wurde weder in einer abschließenden Talk-Show noch vom ewig schweigenden Zeus geklärt. Vielmehr fielen am Ende des Stückes die Stahlketten auf die Bühne herab und die Verbindung zwischen Menschen- und Götterwelt war somit gekappt.
In der anschließenden Diskussion mit dem Schauspieler beschäftigte gerade die Abschlussszene und deren Deutungsmöglichkeiten die Schüler und Schülerinnen besonders: Bestraft der Göttervater Prometheus mit Nichtachtung, weil er dessen Rechtfertigungen nicht mehr hören will? Resigniert er vor dem Verhalten der Menschen, das er nicht mehr beeinflussen kann? Was bedeutet es, wenn die Verbindung zwischen dem Göttlichen und dem Menschen abreißt?
Eine abschließende Antwort auf diese Fragen konnte und kann natürlich nicht gegeben werden, jedoch waren sich die Schülerinnen und Schüler auch in der nachfolgenden Besprechung im Unterricht darüber einig, dass das Theaterstück einen vertieften Blick hinter den Mythos der Erschaffung des Menschen bot, der zum Nachdenken über unsere eigenen Entscheidungen und unser Handeln anregte.
Vielen Dank, Frau Grünewald, für diesen tollen Schlusspunkt unter eine spannende Unterrichtseinheit und an Herrn Metzner für die Begleitung ins Theater!