Opernbesuch der Kursstufe
Der Musikkurs der Elftklässler fuhr mit Herrn Seitz zu "Turandot" ans Nationaltheater Mannheim. Giacomo Puccinis Oper passte gut zur Unterrichtseinheit "Musik auf der Bühne" - aber wie passten unsere jugendlichen "YouTube"-Konsumenten in die Oper?
Gut. Richtig gut sogar. Zum einen, weil die Kleiderordnung nicht mehr so unverrückbar auf Anzug und Krawatte besteht, und ein Opernbesuch damit auch für ungeübte Konzertbesucher in den Bereich des Möglichen gerückt wird. Zum anderen, weil die Hemmschwelle, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben, in einer Kursgemeinschaft viel niedriger wird. Zumal, wenn der Besuch in Begleitung eines - natürlich - fachkundigen und gleichzeitig begeisterungsfähigen Lehrers erfolgt! Vielen Dank, Herr Seitz, für die Idee und die (musikalische) Begleitung!
Aber auch die Geschichte der chinesischen Prinzessin Turandot passt zu Jugendlichen auf der Schwelle zum Erwachsensein. Was zunächst wie Märchenstoff klingt - zurecht übrigens, die Erzählung stammt aus jahrhundertealten orientalischen Quellen und wurde u.a. bereits von Schiller für die Bühne bearbeitet - dieser Stoff beschreibt auch die emotionale Berg- und Talbahn, die mit der (ersten) Liebe einhergeht.
Turandot versteckt diese Unsicherheit auf ihre Weise: Wer um ihre Hand wirbt, aber drei Rätsel nicht zu lösen vermag, der wird vor aller Augen hingerichtet. So hält sich die junge Prinzessin ihre Freier vom Leib - im wahrsten Sinne - und gibt sich gleichzeitig in ihrer arroganten Grausamkeit den Anschein der Überlegenheit und Souveränität.
Bis Kalaf - auch Calaf geschrieben -, Sohn eines Tartarenkönigs im chinesischen Exil, die Bühne betritt, die Prinzessin erblickt und sich aller Warnungen zum Trotz als Werber ins Spiel bringt. Er löst die Rätsel, vermag aber die Mauern um das tief verletzte Herz der Königstochter nicht niederzureißen. So verzichtet er auf seinen "Gewinn" und bietet der geliebten, doch für ihn unerreichbaren Frau einen Ausweg an: Wenn sie bis zum nächsten Morgen herausfinde, wie er heißt, würde er freiwillig auf eine Heirat verzichten und sein Leben in ihre Hand legen.
Ein geschickter Schachzug, könnte man sagen. Turandot ist nun eine lange Nacht gezwungen, sich mit Kalaf auseinanderzusetzen, die Gedanken um diesen ungewöhnlichen Mann kreisen zu lassen, der sein Leben aufgeben würde, um ihr Herz zu gewinnen. Keiner darf schlafen ("Nessun dorma"), um des Rätsels Lösung zu finden. Als Turandot während der Namenssuche auch noch den Freitod der Sklavin Liù zu verantworten hat, kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen der Prinzessin und Kalaf, in deren Verlauf der Königssohn die emotionalen Schutzschilde der geliebten Frau endlich zu durchdringen vermag und ihr Herz mit einem leidenschaftlichen Kuss öffnet.
Also doch nur ein Märchen? Gute Unterhaltung mit Happy End? Gute Unterhaltung bestimmt - man muss schon hartgesotten sein, um sich gegen Puccinis Musik abschotten zu können. Sie hätten mal hören sollen, wie oft in den letzten Wochen Kalafs berühmte Arie "Nessun dorma" in der Schule gesummt, gepfiffen oder sogar gesungen wurde, bis hin zum "Vincerò, vincerò"!
Aber auch die Grundthematik der Geschichte, nämlich das Verbergen von Unsicherheiten hinter Arroganz und vermeintlicher Gleichgültigkeit, ist jugendlichen Rezipienten sicherlich sehr nahe. Genau wie die Verletzlichkeit, wenn es um die (erste) Liebe geht. Er passte also gut zu jugendlichen "YouTube"-Konsumenten, dieser Opernbesuch!