Die 10a behandelte in Gemeinschaftskunde bei Herrn Lindner das Thema Migration, ihre Ursachen und unterschiedlichen Formen sowie die - brandaktuelle - Frage nach gelingender Integration. Nachdem sich die Klasse eingehend mit den theoretischen Aspekten befasst hatte, besuchte sie die Ausstellung „Fremde - Heimat allerorten" des Evangelischen Dekanats Bergstraße und gewann so Einblick in die ganz unterschiedlichen Lebenswege von Flüchtlingen, die zwischen 1945 und 2016 in die Region Begstraße kamen.
Die Zehntklässler sahen 17 großformatige Fotos von Menschen, jedoch keinerlei Bilder über Katastrophen. 17 Schicksale und kurze Berichte über Migranten aus so unterschiedlichen Herkunftsorten wie Eritrea, Schlesien, Somalia und Westpreußen. Und wie alle hier Fuß fassten, weil kulturelle Unterschiede im direkten Umgang mit Menschen immer in den Hintergrund tritt.
Wie so eine Begegnung aussehen könnte, erfuhr die Klasse durch den Besuch der Syrer Ali, dem einst wohlhabenden Familienvater, und Alaa, dem Schreiner, dessen Vater vom IS verhaftet wurde und verschwand. Beide Männer erzählten von ihrem langen Weg über die Balkanroute, wie Ali sich verirrte und die richtige Strecke erkaufen musste ("für 300 Euro sage ich dir, wo es weitergeht!"), wie Alaa nach dem Fußmarsch über Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nur noch erleichtert war, in Deuschland eine zunächst sichere Bleibe zu bekommen.
Mittlerweile haben beide Arbeit gefunden und eine Mietwohnung; sie lernen Deutsch - Ali mit weniger Mühe als Alaa - und denken über ihre Zukunft nach. Feste Pläne schmieden beide nicht, Illusionen machen sie sich auch nicht. Sie erzählen von den Schwierigkeiten des Zusammenlebens in einer Flüchtlingsunterkunft, von Alkohol, Drogen und Gewalt. Die traumatischen Erlebnisse bahnen sich in der Enge, dem Nichtstun, der Wertlosigkeit ihren Weg. Aggressionen auch außerhalb: Der Mercedesfahrer, der das Fenster herunterlässt und "Scheiß Kanake!" ruft.
Trotzdem sind die beiden dankbar, weil sie in SIcherheit sind, und sie in Deutschland viele nette Menschen getroffen haben. So wie die Familie von Paul Lehmann, dem wir sehr für die Idee danken, Ali und Alaa in den Gemeinschaftskundeunterricht einzuladen!